Heiße Zeiten, mehr Pflanzenschutz
Warum Klimawandel mehr Pflanzenschutzmittel fordert und diese sicherer sind, als du denkst
Dass Pflanzenschutzmittel zum Schutz der Kulturen eingesetzt werden, löst bei einigen Konsument:innen Ängste und Unverständnis begleitet mit Stirnrunzeln aus. Der Klimawandel führt dazu, dass die Mittel auch noch mehr als weniger eingesetzt werden müssen. Um die Bedenken zu nehmen und zu zeigen, wie sicher und wichtig Pflanzenschutz ist, wie die Zulassung und Bewertung läuft, zahlt es sich aus, diesen Artikel zu lesen.
© Harald Schally/LK NÖ Klimawandel erhöht Schädlingsdruck
Der Klimawandel verändert das gesamte Ökosystem und stellt die Landwirtschaft vor erhebliche Herausforderungen. Es ist sehr komplex alle Faktoren, die durch die Veränderung des Klimas beeinflusst werden, zu erfassen und bewerten. In manchen Fällen kann es für die Kulturpflanzen positiv sein, aber die Mehrzahl der Folgen wird negativ sein.
Pilze
Steigende Temperaturen und veränderte Feuchtigkeitsverhältnisse ändern das Auftreten von Pflanzenkrankheiten und Schädlingen – überwiegend auf negative Art und Weise. Bestimmte Krankheiten wie Brand-Pilze und Fusarien im Mais oder etwa wärmeliebende Aspergillus-Pilze werden verstärkt auftreten.
Neophyten
Neophyten sind neue Pflanzen, die in das Land kommen. Sie können zu Schadpflanzen in den landwirtschaftlichen Kulturen werden und den Ertrag mindern. Zum Beispiel Ambrosia – Rag Weed – verursacht auch noch gesundheitliche Probleme. Ambrosia gedeiht als Folge der Klimaerwärmung herrlich auf landwirtschaftlichen Flächen.
Schädlinge
Auch bei den tierischen Organismen wird sich das Verhalten und das Auftreten ändern, wobei in den meisten Fällen der Schädling von der Hitzesituation stärker profitieren wird als die Pflanze. Die großen „Gewinner“ dieser Veränderung werden beispielsweise Kartoffelkäfer, Maiswurzelbohrer und Blattläuse sein. Letztere werden aufgrund der höheren Hitze ca. fünf bis sieben Entwicklungszyklen mehr im Jahr schaffen.
Nützlinge
Das Zusammenspiel zwischen Nützling und Schädling in der biologischen Kontrolle wird auch verändert werden, wobei man davon ausgeht, dass auch hier der Schädling stärker vom Klimawandel profitieren wird. Auch beim Einsatz von Pheromonen, die gerne im Pflanzenschutz verwendet werden, wird eine Effizienzverringerung zu verzeichnen sein, da diese bei größerer Hitze kürzere Zeit wirken.
Pflanzenschutzdebatten verändern die Landwirtschaft
Landwirt:innen kämpfen nicht nur mit den langfristigen Folgen des Klimawandels und zunehmendem Schädlingsbefall, sondern auch mit gesellschaftlichem und politischem Druck. Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln wurde zu einem heißen Thema und die Bäuerinnen und Bauern stehen mitten im Kreuzfeuer der Debatte.
Dabei liegt es zu allererst unseren Bäuerinnen und Bauern am Herzen, gesunde Lebensmittel zu produzieren, die sie vertreten können. Aber es ist nicht nur Interesse alleine, gesunde Lebensmittel zu produzieren, alle profitieren davon – dafür braucht es jedoch geeignete Maßnahmen zur Hand. Der Klimawandel erschwert die Produktion ohnehin schon genug, wenn nun aber zusätzlich die Regeln für Pflanzenschutz immer strenger werden, könnte die Produktion regionaler Lebensmittel in Österreich gefährdet sein. Kurz: Unsere Versorgungssicherheit ist nicht mehr sicher!
Schon jetzt zeigt sich das beim Rapsanbau: Erste Folgen der Einschränkung von Pflanzenschutzmitteln werden beim Rapsanbau deutlich. Die Branche leidet unter dem Verbot der Neonicotinoide als Beizmittel. Dadurch schrumpfte die Anbaufläche von Raps in 10 Jahren um ca. 17.700 Hektar, das sind 58% der ursprünglichen Fläche.
© LK NÖ
© Paula Pöchlauer-Kozel/LK NÖ Die langfristige Veränderung des Klimas kann nicht mit althergebrachten Methoden begegnet werden. Die Landwirtschaft braucht mehr Freiraum. Eine weitere Einschränkung würde unsere Versorgungssicherheit gefährden und uns noch abhängiger von Importen machen.
* Welche sind die Herausforderungen aus Sicht der Wissenschaft für das Thema Pflanzenschutz?
* Wie gehen die Bäuerinnen und Bauern in Niederösterreich mit diesen aktuellen Herausforderungen um?
* Welche Rolle wird der Pflanzenschutz in Zukunft spielen, um die Versorgungssicherung mit regionalen Lebensmitteln in Österreich zu gewährleisten?
Pflanzenschutzmittelzulassung bietet Schutz
Ein Pflanzenschutzmittel ist ein Produkt, das einen Kulturpflanzenbestand vor Krankheiten, Schädlingen oder auch Unkräutern schützen soll. Damit es das tut, braucht es einen Wirkmechanismus – sonst kann es nicht effektiv sein. Der Wirkstoff kann dazu führen, dass es irgendwo Nebeneffekte gibt, die man sich nicht wünscht. Damit die negativen Effekte von Pflanzenschutzmittel auf Menschen, Umwelt und das Tier möglichst gering sind, gibt es eine sehr komplexe Pflanzenschutzmittelzulassung, die über die EU geregelt ist. Viele Expert:innen sind an dem Prozess beteiligt und entscheiden über den Ausgang des Verfahrens.
Die Zulassungsverfahren umfassen:
- Untersuchung der chemischen und physikalischen Eigenschaften eines Wirkstoffs
- Bewertung der Umweltverträglichkeit und Abbaugeschwindigkeit des Wirkstoffes
- Prüfung der Ökotoxizität und Humantoxizität des Wirkstoffes
- Bestätigung der Wirksamkeit des Wirkstoffes
- Bewertung aller Inhaltsstoffe des Pflanzenschutzmittels (Emulsionsverbindungen, Füllstoffe etc.)
- Zulassung auf zonaler und nationaler Ebene
Bewertung von Pflanzenschutzmitteln
Wenn das Produkt im Handel ist, kann es trotzdem sein, dass negative Erscheinungen auftreten. Beispielsweise können gewisse Wasserorganismen durch den Einsatz eingeschränkt werden. Durch Auflagen versucht man diese negativen Folgen abzufedern.
Um die Gesundheit von Konsument:innen zu schützen, gibt es für Lebensmittel noch Rückstandsuntersuchungen, Rückstandswerte und Regelungen bezüglich der erlaubten Rückstandsmenge. Das heißt, Pflanzenschutzmittel dürfen nur in einem Ausmaß in Produkten vorhanden sein, dass die Gesundheit des Menschen nicht beeinträchtigt wird. Auch hier steht ein komplexes Verfahren dahinter, bei dem viele Sicherheitsfaktoren berechnet und berücksichtigt werden. Damit versucht man sicherzustellen, dass das Lebensmittel für den Menschen sicher ist.
© Siegrid Steinkellner
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