Pflanzenschutz im Wandel der Zeit
Eine Entwicklungsgeschichte von 100 Jahren im Überblick
Der Pflanzenschutz ist so alt wie die Kulturpflanzenproduktion selbst. Seit jeher war es notwendig, Kulturpflanzen vor Schaderregern aller Art zu schützen, um Ertrag, Qualität und den landeskulturellen Wert der Anbauregionen zu sichern. Die Gesunderhaltung unserer Kulturpflanzen ist ein zentrales Instrument zur Sicherung der Ernährung von Mensch und Tier. Während heute oft primär an wirtschaftliche Aspekte gedacht wird, führten in der Vergangenheit Schädlings- und Krankheitsepidemien zu massiven Versorgungskrisen bis hin zu Hungersnöten in ganzen Regionen.
© Nolan/adobe.stock.com Effizienzsteigerung durch chemisch-synthetische Mittel
Die Entwicklung wirksamer Pflanzenschutzmaßnahmen, insbesondere durch chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel, hat zu Beginn und vor allem ab Mitte des 20. Jahrhunderts zu einer deutlichen Produktionssteigerung und damit zur Sicherung der Versorgung der Bevölkerung beigetragen. Dies führte nicht nur zu einer Steigerung und Sicherung der Produktion, sondern auch zu massiven Veränderungen der Arbeitstechniken und des Arbeitskräftebedarfs auf den Betrieben.
Vom Fokus auf Wirksamkeit zur ganzheitlichen Sicherheit
Vor dem Hintergrund einer jederzeit gesicherten Versorgung wurden aber auch zunehmend andere Aspekte des Einsatzes chemischer Pflanzenschutzmittel berechtigterweise berücksichtigt. Die Entwicklung neuer, wirksamerer und verträglicherer Wirkstoffe sowie die Verschärfung der gesetzlichen Kriterien für die Zulassung von Wirkstoffen zeugen von einem Wandel. Stand anfangs vor allem die Wirksamkeit im Fokus, so rückten in den letzten Jahrzehnten auch Aspekte wie der Schutz der Anwender:innen, der Gewässerschutz, ökotoxikologische und humantoxikologische Gesichtspunkte sowie der Verbraucherschutz in den Mittelpunkt. Pflanzenschutzmittel gehören heute zu den am besten untersuchten Stoffen und gelten nach dem heutigen Stand der Wissenschaft als sicher.
Reduzierung Pflanzenschutz
- Der Grundsatz lautet: „So wenig Pflanzenschutz wie möglich, so viel wie nötig“.
- Österreich hat seit 2011 bereits 22 % der chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmittel eingespart.
- Aber: Ohne Pflanzenschutzmittel sinkt die mögliche Ernte um 30 %! Grund dafür sind Schädlinge, Krankheiten und Unkräuter, die nicht ausreichend in Schach gehalten werden können.
Sind Pflanzenschutzmittel gefährlich?
- Pflanzenschutzmittel sind bei sachgemäßer Verwendung sicher für Mensch, Tier und Umwelt. Nur geprüfte und zugelassene Pflanzenschutzmittel dürfen verwendet werden.
- Pflanzenschutzmittel sind die weltweit am besten untersuchten Stoffe.
- Die Entwicklung eines Wirkstoffes dauert ca. 10 Jahre, da zahlreiche Tests und Studien vor der Markteinführung durchgeführt werden.
Die Zukunft des Pflanzenschutzes
Es wird notwendig sein, den Pflanzenschutz in seiner Gesamtheit weiterzuentwickeln. Die Herausforderung, die Versorgung der Bevölkerung durch die Gesunderhaltung unserer Kulturpflanzen abzusichern, wird auch in Zukunft weiterhin hoch sein. Moderne Pflanzenschutzstrategien gehen jedoch über den rein chemischen Pflanzenschutz hinaus und setzen auf ein integriertes System.
Integrierter Pflanzenschutz heißt ganzheitliche Betrachtung
Der chemische Pflanzenschutz ist nur eine von vielen Maßnahmen zum Schutz unserer Kulturpflanzen. Das System des „Integrierten Pflanzenschutzes“, bei dem vorbeugende Maßnahmen (z.B. Fruchtfolge, hohe Bodengesundheit etc.), Schadschwellensysteme als Entscheidungshilfe für Maßnahmen und eine breite Palette nicht-chemischer Maßnahmen im Vordergrund stehen, hat sich in den letzten Jahrzehnten sowohl in der Wissenschaft als auch in der Umsetzung in der praktischen Landwirtschaft stetig weiterentwickelt. Meilensteine sind z.B. bodenverbessernde Maßnahmen im Rahmen des Agrarumweltprogramms, der Auf- und Ausbau von Warndienstprogrammen oder ganz allgemein die Erhöhung des Wissensstandes und der Sensibilität der Landwirtinnen und Landwirte. Erfolgsindikator ist die Tatsache, dass die Wirkstoffmengen chemisch-synthetischer Wirkstoffe in den letzten 30 Jahren zurückgegangen sind bzw. im Biolandbau generell nicht einsetzbar sind.
Integrierter Pflanzenschutz
- Integrierter Pflanzenschutz bedeutet, dass vorbeugende Maßnahmen (z.B. Fruchtfolge, geeignete Sorten, etc.) Vorrang haben und Mittel erst eingesetzt werden, wenn nichts anderes mehr hilft. Das heißt, wenn nach dem Schadschwellenprinzip der Schaden durch Schädlinge oder Krankheiten einen bestimmten Schwellenwert überschreitet.
- In Österreich wird integrierter Pflanzenschutz bereits lange angewandt und ständig weiterentwickelt.
- Pflanzenschutz ist notwendig, um die Erntemengen und die Qualität der Ernte abzusichern. Früher führten Schad- und Krankheitserregerepidemien zu massiven Versorgungskrisen bishin zu Hungersnöten in ganzen Regionen.
Aktuelle und zukünftige Herausforderungen
Durch den Klimawandel treten in Österreich immer häufiger neue Krankheiten, Schädlinge und invasive Pflanzenarten (Neophyten) auf, die den Anbau von Kulturpflanzen erschweren. Es wird deutlich, dass eine moderne Pflanzenzüchtung von großer Bedeutung ist, um resistente und widerstandsfähigere Pflanzensorten zu entwickeln, die den veränderten Bedingungen standhalten können.
Trotz dieser Notwendigkeit sehen sich der Pflanzenschutz und insbesondere chemische Pflanzenschutzmittel in einem negativen Licht in der Öffentlichkeit. Es besteht ein verbreitetes skeptisches Image gegenüber diesen Mitteln. Die öffentliche Meinung und Akzeptanz spielen eine entscheidende Rolle bei der Gestaltung von Richtlinien und Maßnahmen im Pflanzenschutzsektor. Es ist daher von großer Bedeutung, eine sachliche Diskussion über den Pflanzenschutz zu fördern, bei der wissenschaftliche Erkenntnisse und fundierte Informationen im Vordergrund stehen. Eine transparente Kommunikation über die Sicherheit, Verwendung und Weiterentwicklung von Pflanzenschutzmitteln ist entscheidend, um das Vertrauen der Konsument:innen zu stärken und gleichzeitig die Landwirt:innen dabei zu unterstützen, Kulturen gesund zur Ernte zu bringen.
© Eva Kail/LK NÖ Hohe Standards in Österreich
- Die heimischen Bäuerinnen und Bauern arbeiten nach höchsten Standards und sind gut ausgebildet. Um Pflanzenschutzmittel zu verwenden, brauchen sie außerdem einen Pflanzenschutzmittel Sachkundeausweis.
- Landwirtschaftliche Produkte aus Österreich werden transparent produziert und werden permanent überprüft – im Gegensatz zu vielen importierten Produkten.
- Bei vielen importierten Lebensmitteln liegen die Pflanzenschutz-Standards deutlich unter den österreichischen Standards.
Wo geht die Reise hin?
Es gibt viel Potenzial durch die fortschreitende Digitalisierung und die Nutzung neuer Technologien. Warndienste und Prognosemodelle entwickeln sich ständig weiter und vernetzen sich mit Witterungsdaten. Durch verbesserte Technologie können mechanische Maßnahmen immer genauer und präziser gemacht werden, und das Innovationspotenzial im technischen Bereich ist sehr hoch. Letztendlich hat die Digitalisierung im Bereich des chemischen Pflanzenschutzes großes Potenzial. Durch eine bessere Anwendungstechnik, präzise Applikation und optimierte Einsatzplanung können Pflanzenschutzmittel effektiver eingesetzt werden.
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