Karpfen macht Karriere
Warum das Waldviertel jetzt Weltgeschichte schreibt
Der Waldviertler Karpfen steht für mehr als nur gutes Essen: Er verbindet jahrhundertealtes Wissen mit modernen Herausforderungen wie Biodiversität und Klimaschutz. Nun wurde die Karpfenteichwirtschaft im Waldviertel zum Weltkulturerbe der Landwirtschaft ernannt. Ganz nach dem Motto: “Alte Teiche, neue Ehre.” Nachhaltigkeit, Klima und Tradition – das ist es, wofür die Teichwirtschaft steht. Die Auszeichnung zeigt, dass regionale Lösungen globale Wirkung haben können – direkt aus dem Teich auf die Weltbühne.
Weltkulturerbe mit Flossen: Das Waldviertel im Rampenlicht
Die Karpfenteiche im Waldviertel sind nicht nur schön anzusehen, sie haben jetzt auch einen ziemlich besonderen Titel bekommen: Sie sind offiziell landwirtschaftliches Weltkulturerbe. Genauer gesagt: Teil des “GIAHS”-Programms der Welternährungsorganisation FAO – das steht für besonders nachhaltige, traditionelle Landwirtschaft, die auch heute noch funktioniert. Ein echtes Upgrade für die Region – und ein starkes Zeichen für gelebte Nachhaltigkeit.
Was ist GIAHS? Weltkulturerbe zum Anfassen
Das GIAHS-Programm gibt es seit 2002. Es holt alte, nachhaltige Agrarsysteme vor den Vorhang – aber nicht zum Einmotten ins Museum. Im Gegenteil: Diese Systeme sind lebendig, anpassungsfähig an aktuelle Herausforderungen und zukunftsfit. Genau wie die Karpfenteichwirtschaft im Waldviertel . Dass sie in das Programm aufgenommen wurde, ist ein Ritterschlag – und bedeutet, dass internationale Expert:innen darin ein Vorbild für andere Regionen und Länder sehen.
Es zeichnet weltweit herausragende, nachhaltige und kulturell wertvolle Agrarsysteme aus. Um diese Anerkennung zu erhalten, müssen umfassende Kriterien erfüllt werden, die ein internationales Expertengremium prüft, inklusive einer Vor-Ort-Besichtigung. Die Aufnahme in dieses Programm ist eine der höchsten Auszeichnungen, die ein landwirtschaftliches System erhalten kann.
Beim GIAHS-Programm geht es nicht nur um die Erhaltung oder Bewahrung eines Systems nach dem “Status-quo”, sondern vielmehr um die dynamische Weiterentwicklung, die ein “mit der Zeit gehen” unterstützt und als notwendig erachtet. Ein Aktionsplan definiert Maßnahmen zur positiven Weiterentwicklung des Gesamtsystems.
Mehr als nur Fisch: Wie Karpfen Leben sichert
Im Waldviertel wächst der Karpfen langsam, dafür gesund und nachhaltig. Drei bis vier Jahre dauert es, bis er groß genug für den Teller ist. Dafür ist er dann fettarm, leicht verdaulich und regional – eine echte Alternative zum oft importierten Meeresfisch. Aber es geht um mehr: Rund 400 Tonnen Speisekarpfen werden pro Jahr in Niederösterreichs Teichen erzeugt. Sie sichern nicht nur gutes Essen, sondern auch Jobs und ganze Teichlandschaften. Und: Der Karpfen sorgt im Teich sogar dafür, dass dieser nicht verlandet. Er trübt nämlich durch Wühlen am Teichgrund das flache Wasser ein. Ein echter Alleskönner.
© Florian Kainz/Archiv Aqua
© Florian Kainz/Archiv Aqua Wasser, das Leben schafft: Teiche als Biodiversitäts-Booster
Die Waldviertler Teiche sind keine stillen Gewässer – sie sind Hotspots der Artenvielfalt. Vom seltenen Vogel bis zur geschützten Pflanze: Um und in den Waldviertler Teichen blüht das Leben! Als Ersatzfeuchtlebensräume steigern sie nämlich die Biodiversität, was viele Teiche zu Schutzgebieten macht. Die vom Menschen geschaffenen Wasserflächen beeinflussen nicht nur die Artenvielfalt, sondern wirken sich auch positiv auf das regionale Mikroklima aus, wo sie zum Wasserkreislauf beitragen: Sie speichern Oberflächenwasser, verhindern Überschwemmungen durch ihre Pufferwirkung und sorgen für ein ökologisches Gleichgewicht. Ohne sie wäre die Landschaft ärmer – und das nicht nur optisch.
Wissen, das bleibt: Handwerk statt Hightech
Wer glaubt, Karpfenzucht sei eine einfache Sache, irrt. Dahinter steckt jahrhundertealtes Wissen, das von Generation zu Generation weitergegeben wird. Jeder Teich ist anders, jede Pflege individuell. Viele Bewirtschaftungsschritte sind bei dem mehrjährigen Produktionszyklus notwendig, um die Karpfen vom Ei weg bis zum Speisefisch heranzuziehen. Und genauso ist auch die handwerkliche Tradition des Abfischens grundlegend für den Fortbestand der Waldviertler Teichwirtschaft. Viele der Werkzeuge – vom Netz, über das Sortierbrett bis hin zum “Mönch” – sind speziell für diese Form der Bewirtschaftung gemacht. Gleichzeitig entwickeln moderne Teichwirt:innen neue Produkte und smarte Vermarktungsideen. Tradition trifft Innovation.
Eckdaten zur Karpfenteichwirtschaft im Waldviertel
2.200 Fischteiche mit insgesamt knapp 2.000 ha dienen im Waldviertel vorrangig der Karpfenproduktion. Jährlich werden regional und nachhaltig zirka 400 Tonnen Karpfen produziert. Die größten Karpfenteiche Niederösterreichs – Gebhartsteich, Winkelauerteich, Haslauerteich und Jägerteich – befinden sich im nördlichen Waldviertel. Rund 150 Teichwirt:innen im Haupt- und Nebenerwerb halten das wertvolle Ökosystem der Waldviertler Karpfenteichwirtschaft durch ihre Bewirtschaftung aufrecht und sichern dessen Fortbestand.
Gemeinschaft, die zusammenfischt
Im Waldviertel ist der Karpfen mehr als nur Fisch – er ist Teil der Kultur. Vor allem zu Weihnachten darf er auf vielen Tischen nicht fehlen. Das gemeinsame Abfischen im Herbst ist ein gesellschaftliches Highlight – eine Mischung aus Arbeit, Brauchtum und Fest. Die starke Verankerung in der Region sorgt dafür, dass sich Menschen mit dem Produkt und der Landschaft identifizieren – und das stärkt auch den Zusammenhalt.
© Georg Pomaßl/LK NÖ Die Marke Waldviertler Karpfen
Der Waldviertler Karpfen ist eine seit 1999 durch das Patentamt geschützte Wort-Bild-Marke. Damit ein Karpfen aus dem Waldviertel auch als “Waldviertler Karpfen” angeboten werden kann, müssen viele Auflagen erfüllt werden:
- Herkunft aus Waldviertler Teichen
- Aufzucht ohne Kunstdünger und chemische Produkte
- Natürlichen artgerechten Lebensraum durch Begrenzung der Karpfenanzahl im Teich
- Fettarmes, kerniges Fleisch durch Fütterung mit heimischem Getreide
- Schonende Behandlung der Karpfen bei der Abfischung durch traditionelle Handarbeit
- Regelmäßige Kontrolle der Markenrichtlinien, Wasserqualität und Fischgesundheit durch qualifizierte Institutionen
Mehr Informationen findest du hier.
Teich für Teich zur Kulturlandschaft
Über 2.000 Teiche machen das Waldviertel zu einem echten “Teichviertel”. Viele von ihnen gibt es schon seit mehr als 900 Jahren. Sie prägen nicht nur das Landschaftsbild, sondern auch das Lebensgefühl. Ob als Arbeitsplatz, Rückzugsort oder Touristenmagnet – die Teiche sind vielseitig. Aber sie brauchen Pflege. Ohne Menschen, die sie bewirtschaften, verlanden sie in kurzer Zeit und verschwinden damit innerhalb weniger Jahre aus der Landschaft. Deshalb ist der neue Status als Kulturerbe auch eine Art Zukunftsversicherung für die ganze Region.
© Leo Kirchmaier/LK NÖ Lust auf mehr Fisch?
Magst du noch mehr über Fisch erfahren und den Weg des Fisches - vom Teich bis auf den Teller - nachverfolgen? Dann schau gleich hier rein! Oder hast du nun Gusto auf Fisch bekommen? Hier haben wir Fisch-Rezepte für dich, eine Rezeptbroschüre oder gleich weiter unten kostenlose Karpfen-Broschüren.