Düngerausbringung im Wandel
Eine landwirtschaftliche Reise durch die Zeit - Erzählungen eines Landwirts
Hast du schon einmal Anhänger für den Traktor gesehen, die man zum Ausbringen von Mineraldünger braucht? Das sind große Maschinen mit vielen kleinen Details, die im Ganzen nach sehr viel moderner Technik aussehen. Kannst du dir vorstellen, wie Düngen früher gewesen sein muss, als es noch keine millimetergenaue Ausbringung gab? Wir haben wen getroffen, der sich noch ganz genau daran erinnern kann.
In den 2000er Jahren organisierte eine Bezirksbauernkammer im Weinviertel eine Aktion zur Untersuchung des Bodens. Es wurde groß damit geworben, mehr über seinen eigenen Boden zu erfahren, wie gut er gedüngt ist und welche Nährstoffe er vertragen würde. Ein sehr spannendes Thema, weshalb sich auch viele Landwirt:innen an dieser Aktion beteiligten und zahlreiche Bodenproben im Labor untersuchen ließen.
Die Untersuchungsergebnisse sprechen für sich
Als die Untersuchungsergebnisse vorlagen, wurden die Landwirt:innen zur „Übergabsversammlung“ eingeladen. Dabei wurden die schriftlichen Ergebnisse ausgeteilt, von Expert:innen der Landwirtschaftskammer gab es eine Interpretation dieser Ergebnisse, gefolgt von einer Erklärung zur darauf aufbauenden Düngeempfehlungen. Fragen wurden gestellt und beantwortet. Zum Schluss wurde noch eine Beratung für betriebsspezifische Fragestellungen angeboten, die sehr gerne von zahlreichen Teilnehmer:innen angenommen wurde. So auch von einem älteren Herrn. Dieser hatte aber nicht wie die anderen eine brennende Frage auf den Lippen, sondern seine Erlebnisse zur Düngerausbringung damals aus Kinderzeiten zu berichten.
© Franz Gleiß/LK NÖ Düngerausbringung anno dazumal
Zuerst zeigte der Herr seine Bodenuntersuchungsergebnisse. Es waren mehrere Weingärten. Die Standorte waren mehr als notwendig versorgt mit Phosphor und Kalium (Gehaltsklasse E), die aktuelle Düngeempfehlung des Beraters lag somit bei null. Dann begann der ältere Herr zu erzählen „es muss in den 1950er Jahren gewesen sein. Wir hatten schon einen Traktor, aber noch keinen Düngerstreuer. Der Mineraldünger lag auf einem kleinen Anhänger, gezogen vom Traktor, den ich als Bub lenkte. Am Anhänger stand mein Vater und streute den Dünger mit einer Schaufel in die Weingärten. Damals war der Dünger sehr günstig, und es gab zusätzlich eine staatliche Förderung zum Mineraldüngerkauf. Schließlich gab es damals nur ein Ziel: produzieren, produzieren und noch einmal produzieren. Der Mangel an Speis und Trank war damals noch gegenwärtiger als die ausreichende Versorgung.“
Ziel des Düngereinsatzes in den 1950er Jahren
Der gute Mann beschrieb also eine zum damaligen Zeitpunkt der Bodenuntersuchungsaktion etwa 50 Jahre alte Sichtweise und Einstellung zur Verwendung von Phosphor- und Kalimineraldüngern. Es gab damals genau ein Ziel, nämlich die Produktion zu steigern. Dieses Ziel wurde bereits wenige Jahre bis Jahrzehnte später erreicht. Ab diesem Zeitpunkt überstieg die landwirtschaftliche Produktion in vielen Bereichen bereits den Inlandsbedarf. Deshalb wurden die staatlichen Hilfen für die Landwirtschaft nicht mehr für die Bezuschussung zum Düngerkauf aufgewendet, sondern flossen in die Exportstützung.
EU-Beitritt bringt Änderungen
Der EU-Beitritt brachte das Ziel mit sich, Produktionsüberschüsse zu reduzieren. So wurden dann beispielsweise Zahlungen an die Stilllegung von Ackerflächen geknüpft. Für die Stilllegung gab es ab 1995 zwei Möglichkeiten: die Rotationsbrache oder die Dauerbrache. Für den Weinbau gab es die ÖPUL-Maßnahme „Integrierte Produktion im Weinbau“, diese Maßnahme enthielt unter anderen Einschränkungen bei der Düngung von Stickstoff, Phosphor und Kalium. Mit anderen Worten: Diese Umweltprämien waren an die Zurückhaltung beim Düngen geknüpft.
Ab Anfang der 1970er-Jahre erreichte der Mineraldüngeraufwand je Hektar bis in die Mitte der 1980er-Jahre seinen Höhepunkt, lediglich der sogenannten „Ölpreisschock“ sorgte für einen deutlichen Absatzrückgang.
Wohin wird sich die Düngung entwickeln?
Seit Mitte der 1980er-Jahre geht der Nährstoffeintrag über Mineraldünger im Durchschnitt je Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche deutlich zurück. Zunehmende Genauigkeiten hinsichtlich Düngerbemessung und Düngerverteilung werden erwartet – Stichwort: Teilflächenspezifische Düngung. Da entwickeln sich aktuell interessante Ansätze. Ebenso werden kommende Maßnahmen zur Verringerung des Ausstoßes von Treibhausgasen Auswirkungen auf den Düngungsbereich haben, schließlich ist die Erzeugung von Stickstoffmineraldüngern mit einem deutlichen Energieaufwand verbunden.