Künstliche Intelligenz revolutioniert die Landwirtschaft
Digitalisierung auf Österreichs Betrieben
Die Digitalisierung ist längst Teil des Alltags in der Landwirtschaft und unsere Bäuerinnen und Bauern sind natürlich mit dabei. Ob Robotik in der Milchviehhaltung, High-Tech am Traktor, Online-Shops oder Social Media – die Einsatzmöglichkeiten sind so vielfältig wie die Landwirtschaft selbst.
© Georg Pomaßl/LK NÖ Neue Technologien erleichtern die Arbeit, sparen Ressourcen, steigern das Tierwohl, vereinfachen die Verwaltung, verbessern das Marketing und fördern den Dialog mit der Gesellschaft. Vier von fünf Landwirt:innen stehen digitalen Techniken positiv oder neutral gegenüber und sind offen für Innovationen. Das sieht man! Dabei ist die Digitalisierung kein Selbstzweck: Der ökologische Nutzen ist wichtig, doch um wirklich erfolgreich zu sein, muss die Innovation für die Bäuerinnen und Bauern auch messbaren betrieblichen Nutzen bringen – sei es durch wirtschaftliche Vorteile oder Arbeitserleichterung.
© Georg Pomaßl/LK NÖ Unsere Bäuerinnen und Bauern als Pioniere
Kaum ein Wirtschaftsbereich hat digitale Innovationen so früh und effektiv genutzt wie die Land- und Forstwirtschaft, auch wenn das die Gesellschaft gar nicht mitbekommen hat. Von GPS-gestützten Lenksystemen über automatische Fütterungssysteme und Melkroboter bis hin zu BigData-Anwendungen wie dem LK-Warndienst, der Schädlingswahrscheinlichkeiten vorhersagt – digitale Technologien sind aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. Bereits 24 % der Acker- und Gemüsebaubetriebe setzen auf GPS-Systeme, und 70 % nutzen digitale Tools zur Dokumentation gegenüber Behörden. Sogar Drohnen kommen zum Einsatz: Rund 5.000 Hektar Maisflächen werden biologisch mittels Drohnen überflogen und dabei Nützlinge wie Fallschirmspringer ausgebracht. Über 1.800 Betriebe melken mittlerweile mit Automatischen Melksystemen, auch tierindividuelle Sensoren im Pansen, um den Hals oder als digitale Ohrmarken werden immer häufiger verwendet.
© Paula Pöchlauer-Kozel/LK NÖ
© Paula Pöchlauer-Kozel/LK NÖ Unterschied zwischen Digitalisierung und Automatisierung
Künstliche Intelligenz (KI) hebt die Digitalisierung auf ein neues Level: Im Gegensatz zur Automatisierung vergangener Jahrzehnte erzeugt sie Daten und davon auch eine ganze Menge. Diese Daten ermöglichen es, bessere Prognosen zu erstellen, etwa für Tierkrankheiten. KI befähigt Computer, Maschinen und Roboter aus diesen Daten Muster herauszulesen und Zusammenhänge zu erkennen, um daraus eigenständig Lösungen und Entscheidungen abzuleiten.
Einsatzbereit am Feld und im Stall
Neue Technologien bieten große Chancen für die Landwirtschaft. Sie ermöglichen effizienteres und umweltschonenderes Produzieren.
- Am Feld zum Beispiel durch zielgerichtete Ausbringung von Betriebsmitteln, wodurch Überlappungen vermieden werden oder durch Fahrspurwiederfindungen, um Bodenverdichtung zu reduzieren. Smarte Drohnentechnologien liefern schnell und einfach Luftaufnahmen, und Smart Farming bietet kostengünstige und einfache Lösungen für kleinstrukturierte Betriebe, wie das Projekt „Innovation Farm“ zeigt.
- Im Stall steigern verbesserte Technologien wie automatische Melksysteme das Tierwohl und erhöhen gleichzeitig die Leistung, da sich Tiere unabhängiger und wohler fühlen können, was beispielsweise zu mehr Milch führen kann
Chancen für Kleine und Big Player
Die Arbeitserleichterung ist besonders für Österreichs Familienbetriebe wichtig, die über 90 % der Betriebe ausmachen und meist ohne Fremdarbeitskräfte auskommen. Vor allem Frauen profitieren von der Robotisierung, da sie dadurch bei körperlich schweren Tätigkeiten am Betrieb unterstützt werden. Allerdings entstehen durch Robotisierung hohe Kosten - neue Technologien kosten viel Geld, das kapitalgebunden am Betrieb verweilt. Diese großen Investitionen sind für große Betriebe einfacher zu tätigen, als für unsere heimischen Familienbetriebe.
Durch die digitale Unterstützung fallen keine Jobs weg, denn das Gegenteil ist der Fall, neue Jobs entstehen, zum Beispiel in Bereichen wie Melkroboterservice und -beratung. Auch die EU nutzt fleißig die technologischen Fortschritte im Zeichen der Landwirtschaft. So überfliegen Satelliten im Rahmen des EU-Fernerkundungsprogrammes wöchentlich jede Fläche und liefern wertvolle Informationen über Vegetationsfortschritt und Schäden.
Wo Chancen, da Risiken
Aber meistens ist es so, dass es auch Risiken gibt, wo sich Chancen auftun. Nicht immer ist teure Technik notwendig, oft können Dienstleister eine kosteneffiziente Alternative sein. Unter Landwirt:innen wächst auch die Sorge um Datensicherheit und -hoheit. Es ist wichtig, dass die Kontrolle über Daten immer in bäuerlicher Hand bleibt, da internationale Konzerne die gewonnenen Daten für eigene Zwecke zum Aufbau eines Datenpools nutzen könnten. Zudem sehen viele Menschen den Einsatz von High-Tech in der Landwirtschaft kritisch und befürchten eine Industrialisierung.
Für Fortschritt braucht es Internet
Eine gut ausgebaute Infrastruktur ist entscheidend für den ländlichen Raum, besonders in der digitalen Ära. Schnelles Internet in abgelegenen Gebieten ist unerlässlich für den bäuerlichen Alltag. Es wird nämlich viel öfters genutzt, als ein unbedarfter Städter denkt. Eine funktionierende Internetanbindung ermöglicht regelmäßige Meldungen in der Rinderdatenbank, die elektronische Abgabe des Mehrfachantrags und eröffnet neue Chancen für Online-Bildung und Wissensvermittlung. So wird der ländliche Raum fit für die Zukunft und das passiert gerade eben Schritt um Schritt, Byte um Bit.
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© Georg Pomaßl/LFI Wohin geht die Reise?
Die Reise der Digitalisierung ist ein spannender, aber schwer vorhersehbarer Innovationsprozess. International investieren Unternehmen als auch öffentliche Forschungs- und Entwicklungsprojekt-Fonds kräftig in die Digitalisierung – einerseits wegen der ökologischen Chancen, andererseits, um im Wettbewerb mit Technikherstellern aus Übersee und China mithalten zu können. In Österreich schwankt die Integration in die landwirtschaftliche Praxis je nach Technologie. Es gibt aber einen stetigen Zuwachs, besonders bei Basisanwendungen, die durch den Generationenwechsel immer mehr genutzt werden. High-Tech-Anwendungen verbreiten sich aufgrund der Betriebsstruktur langsamer als in anderen Ländern.
Der nächste Evolutionsschritt in der Landwirtschaft sind im Außenbereich autonome Feldroboter für Aussaat und Unkrautregulierung, von denen einige Hersteller bereits am Markt sind. Precision Farming wird bisher hauptsächlich von technologieaffinen Pionieren eingesetzt. Für einen breiten Einsatz müssen die Lösungen kostengünstiger und vor allem einfacher zu bedienen werden. Im Innenbereich konzentriert sich die Forschung auf die Nutzung von Daten aus Kameras und Bilderkennung, um Verhaltensweisen zu analysieren und individuelle Parameter bei Tieren zu bestimmen.
© Georg Pomaßl/LK NÖ Artikel nach einem Sendebeitrag im April 2024 in „Land & Leute“ von DI Martin Hirt, LKÖ