Radicchio: Sorten, Geschmack und Verwendung

Frische Farbe für die Winterküche


Man würde Radicchio Unrecht tun, ihn als roten, bitteren Salat abzustempeln. Die knackigen Blätter mit ihrer dunkelroten Farbe, die Bitternote und viele wichtige Inhaltsstoffe – all das bietet er im Herbst und Winter erntefrisch an. Neben der runden, dunkelroten Sorte gibt es eine Vielfalt an Formen, Farben und Geschmacksaromen innerhalb der Art zu entdecken. In Italien zählt Radicchio zu den Gemüseklassikern im Herbst und Winter. In Österreich findet er nach und nach seinen Platz im Sortiment. In diesem Artikel erfährst du mehr zu Anbau, Ernte, Eigenschaften und Verwendung der besonderen Sorten. Zum Schluss gibt's natürlich Rezepte und Tipps, wo man diese knackigen Winterjuwelen erhält.

"Bitte mehr bitter!"

In der Evolution ist der bittere Geschmack entstanden um uns vor potentiell schädlichen oder giftigen Pflanzen zu warnen. Allerdings haben viele Nahrungsmittel mit Bitterstoffen eine positive Auswirkung auf unsere Gesundheit. Zu den klassischen erworbenen Geschmacksvorlieben gehören auch Kaffee, Schokolade und Bier. Sich mit bitterem Geschmack anzufreunden ist leichter wenn man ihn mit anderen Noten kombiniert. Gekonnt in der Küche eingesetzt kann die Bitternote des Radicchios viele Gerichte bereichern.

Finn erklärt

Möchte man den bitteren Geschmack des Radicchios abschwächen, kann man die Blätter für mindestens eine Stunde in Wasser (eventuell mit etwas Zitronensaft oder Essig) einlegen. Beim Kochen oder Braten verliert der Radicchio einen großen Teil seiner Bitterkeit und entwickelt je nach Sorte unterschiedliche Aromen.

Schön bitter, richtig gesund

Radicchio ist nicht nur ein echter Hingucker mit seiner rot-weißen Farbe – er hat auch innerlich einiges drauf. Das knackige Wintergemüse ist kalorienarm, aber randvoll mit Vitaminen und Mineralstoffen wie Kalium, Kalzium und Phosphor. Seine Ballaststoffe bringen die Verdauung in Schwung, und auch die Leber freut sich über die Unterstützung. Das Beste: Die dunkelrote Farbe kommt von Anthocyanen – Antioxidantien, die unseren Körper vor freien Radikalen schützen können. Kurz gesagt: Radicchio sieht nicht nur gut aus, er tut dir auch gut.

Überraschende Verwandtschaft

Auch wenn man es auf den ersten Blick nicht vermuten würde: Die verschiedenen Radicchio-Sorten sind allesamt Kulturformen der Wegwarte. Die Verbindung wird erst erkennbar, wenn Radicchio in Blüte geht und seine lilafarbenen Korbblüten die nahe Verwandtschaft deutlich zeigen.

Rosige Geschichte

Schon im 16. Jahrhundert taucht Radicchio zum ersten Mal in italienischen Aufzeichnungen auf – allerdings sah er damals noch ganz anders aus als heute, wie wir ihn kennen. Nur wenige rote Blätter zierten das Blattgemüse, das wir mittlerweile an seiner kräftigen Farbe und dem leicht bitteren Geschmack erkennen.
Erst ab den 1950er-Jahren begann die Erfolgsgeschichte des modernen Radicchios: Rund um norditalienische Städte züchteten Landwirt:innen gezielt verschiedene Sorten – je nach Region mit eigenem Aussehen, Geschmack und Anbauweise. So entstand die bunte Vielfalt, die wir heute in den Gemüseregalen finden.

Drei italienische Radicchio-Stars

Radicchio ist nicht gleich Radicchio – das merkt man spätestens, wenn man durch Norditalien reist. Dort hat jede Region ihre eigene Spezialität, auf die sie richtig stolz ist!

  • Der zartrosafarbene Rosa di Mantova etwa sieht nicht nur wunderschön aus, sondern schmeckt auch mild und fein – fast zu schade, um ihn nur als Beilage zu servieren.
  • Der Treviso Tardivo gilt als der Feinschmecker unter den Radicchios. Seine langen, geschwungenen Blätter erinnern an zarte Blütenblätter – und sein nussiges Aroma macht ihn zur Delikatesse. Kein Wunder, denn seine Herstellung ist aufwendig: Nach der Ernte wird er noch einmal „nachgereift“, wodurch er besonders zart wird.
  • Und dann wäre da noch der Radicchio di Verona – ein echter Allrounder. Roh bringt er knackige Frische und eine angenehme Bitternote auf den Teller, gekocht wird er milder, mit leicht süßlicher Note und schönem Biss. Besonders hübsch ist übrigens eine Variante mit pinker Mittelrippe – ein Hingucker in jeder Salatschüssel!

Kennst du schon diese Sorten?

Radicchio Variegato di Castelfranco

Castelfranco ist der zarteste Vertreter der Radicchio-Familie. Er hat weiche, cremeweiße Blätter mit violett-roten Sprenkeln. Auf Bildern wirkt er wie eine übergroße Rose. Seine Wuchsform ist ein locker geschlossener Kopf. Für den Verkauf werden die Köpfe durch Einlegen in warmes Wasser oder per Hand aufgeblättert.

roh in diversen Salaten, gebraten oder im Rohr gebacken

Aroma roh

Aroma Gekocht

Textur roh

Textur Gekocht

  • mild
  • frisch & fein
  • zarte Bitterkeit
  • blumige Note
  • süßlich
  • dezent buttrig
  • cremige Tiefe
  • pergamentartig zart
  • sanft
  • knackig
  • weich & zart im Biss
  • elegant schmelzend

Radicchio Rosso di Chioggia

Die bekannteste und am weitesten verbreitete Sorte ist der Radicchio Rosso di Chioggia. Er hat einen kompakten, runden Kopf mit tief dunkelroten Blättern und weißen Blattadern. Durch die dichte Anordnung der glatten Blätter kommt eine große Blattmasse pro Kopf zusammen. Im Rohzustand schmeckt er deutlich bitter und kräftig.

Er ist sehr vielseitig in der Küche verwendbar: ideal für Salat, oft mit süß-fruchtigen oder cremigen Komponenten kombiniert gebraten oder geschmort als Gemüsebeilage.

Aroma roh

Aroma Gekocht

Textur roh

Textur Gekocht

  • fein herb
  • leicht nussig
  • bitter-würzig
  • pflanzlich-grasig
  • deutlich bitter
  • nussig-karamellisiert
  • sanft balsamisch
  • umami-betont
  • knackig
  • saftig
  • fest
  • zartschmelzend
  • cremig
  • fein bissfest (Rippen)

Radicchio Rosso di Treviso Precoce

Der Radicchio di Treviso ist länglich geformt, hat lanzettliche, weinrote Blätter und eine dickfleischige, weiße Rippe. Im Geschmack ist er milder und feiner als der Radicchio di Chioggia. Beim Radicchio Rosso di Treviso (g.g.A.) gibt’s frühe und späte Sorten. Die frühen Sorten kommen direkt vom Feld in den Verkauf. Die späten Sorten werden nach der Ernte gelagert und “gebleicht”, um ihre typische Form und Knackigkeit zu bekommen. Dafür stehen die Köpfe in dunklen Wasserwannen, treiben neu aus und werden am Ende per Hand hübsch gemacht.

Besonders gut eignet er sich für warme Speisen. Er wird hauptsächlich gebacken, gebraten oder gekocht und in verschiedenen Gerichten verwendet.

Aroma roh

Aroma Gekocht

Textur roh

Textur Gekocht

  • zart würzig
  • frisch-grasig
  • dezent floral
  • mild bitter
  • nussig (Mandel, Haselnuss)
  • buttrig rund
  • mild - fast süßlich
  • knackig, aber zart
  • fein fasrig
  • weich mit Struktur
  • seidig beim Kauen

Puntarelle

Die Puntarelle ist eine Delikatesse mit einzigartiger Erscheinungsform. Sie stammt ursprünglich aus dem Süden Italiens und wird auch Vulkanspargel oder Spargelzichorie genannt. Ihre verdickten Sprossen können roh oder gekocht verzehrt werden. Die Puntarelle unterscheidet sich nicht nur äußerlich, sondern auch geschmacklich stark von anderen Radicchio-Arten: Sie ist weniger bitter, sondern eher frisch und knackig. Im Unterschied zu anderen Blattzichorien steht beim Vulkanspargel der hohle Triebteil im Mittelpunkt, der aus verwachsenen Blütenknospen besteht und deutlich weniger bitter ist als die Blätter.

roh in Salaten, in der Pfanne gebraten als Beilage

Aroma roh

Aroma Gekocht

Textur roh

Textur Gekocht

  • frisch-grün
  • leicht pfeffrig
  • mild bis moderat
  • bitter
  • sanft nussig
  • dezent süßlich
  • feine Gemüsearomen
  • knackig und saftig
  • feste faserige Sprossen
  • knuspriger Biss
  • bissfest mit kernigem Mundgefühl

Radicchio aus dem eigenen Garten

Standort

Radicchio ist nicht nur ein Farbtupfer im Salat, sondern auch ein echtes Gartenjuwel. Damit er sich wohlfühlt, braucht er einen sonnigen Platz und einen lockeren, humusreichen Boden mit ordentlich Nährstoffen.

Vorziehen oder Direktsaat

Wer Jungpflanzen bevorzugt, zieht sie am besten rund drei Wochen lang vor und setzt sie dann Ende Juli oder Anfang August ins Beet. Natürlich kannst du Radicchio auch direkt säen – einfach später vereinzeln, damit jede Pflanze genug Raum hat.

Pflanzabstand

Damit sich die hübschen Blattrosetten gut entfalten, ist ein Pflanzabstand von etwa 30 x 30 Zentimetern ideal.

Pflege

Hacke das Beet regelmäßig, damit der Boden locker bleibt, und achte darauf, dass sich keine Staunässe bildet – die mag Radicchio gar nicht.

Ernte

Bevor die typischen roten Köpfe zum Vorschein kommen, trägt die Pflanze zunächst grüne Umblätter – die sind quasi der schützende Mantel des Radicchios. Nach drei bis vier Monaten kannst du je nach Sorte ernten. Das Beste: Radicchio ist erstaunlich kältefest! Selbst wenn es draußen schon frostig wird, kannst du bis in den Dezember hinein knackige Köpfe ernten. Nur die äußeren Blätter können etwas faulen, aber darunter verstecken sich meist noch wunderbar frische, rot leuchtende Köpfe – wie kleine Gartenschätze mitten im Winter.

Bester Zeitpunkt für Anbau und Ernte

Radicchio kannst du entweder direkt säen oder als Jungpflanze rund drei Wochen lang vorziehen und Ende Juli bis Anfang August ins Beet setzen. Zur Orientierung kannst du dich dabei an die Zeitleiste des gängigsten Typs, Radicchio di Chioggia, halten. Bis in den Jänner hinein kannst du dann nach ca. drei bis vier Monaten die knackigen Köpfe ernten.

Rezeptevielfalt für Radicchiovielfalt

Der schnellste Weg zu ausgefallenem Radicchio

Wer Lust bekommen hat, diese besonderen Radicchio-Sorten einmal selbst zu probieren, wird zum Glück auch hierzulande fündig. Auf vielen Biomärkten – etwa in St. Pölten, Krems, Baden oder Wien – bieten engagierte Produzent:innen wie
Gemüsegut
Lerchenhof
Grünzeug vom Feld
Wogenrand
Biohof Osterer
Krautwerk
Beetwirtschaft
Mandelgarten
und einige weitere ihre ausgefallenen Radicchios an.
Auch in Hofläden wie der Sonnengärtnerei Laa an der Thaya oder dem Biohof Harbich in Aderklaa kann man fündig werden. Und wer ein Gemüsekisten-Abo hat – etwa vom Biohof Steidl, Dirndl am Feld, Biohof Wagner oder Grandgarten –, bekommt solche Raritäten manchmal direkt bis vor die Haustür geliefert.

Finn empfiehlt

Wenn du lieber gemütlich blätterst, statt am Bildschirm zu scrollen oder ein Rezept ausdrucken und nachkochen möchtest – HIER kannst du den ganzen Artikel als kostenlose Broschüre im PDF-Format herunterladen!

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